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Gewerkschaft fehlt es an Realismus

Auf „schwierige erste Gespräche“ und „verhärtete Fronten“, stellt sich Dirk W. Erlhöfer ein. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie Ruhr/Vest e.V. erwartet beim Auftakt der Tarifverhandlungen am kommenden Freitag in Gelsenkirchen noch keine Einigung.

In einer wirtschaftlich höchst unsicheren Zeit fordert die IG Metall 8 Prozent mehr Entgelt. Gleichzeitig werden die Unternehmen von hohen Energiekosten, noch immer gestörten Lieferketten und fehlenden Vorprodukten, fehlenden Fachkräften und einer aufziehenden Rezession in die Zange genommen. „Auch 2022 ist ein schwieriges Jahr für die M+E-Industrie. Die Produktion müsste um zwölf Prozent wachsen, um wieder das Vorkrisenniveau von 2018 zu erreichen. Allein dieser Fakt zeigt, in welch schwieriger Lage sich die M+E-Industrie nach wie vor befindet“, sagt Dirk W. Erlhöfer und findet: „Die IG Metall verkennt völlig die Realität und hält weiter an der Mär fest, die Unternehmen könnten die gestiegenen Erzeugerpreise doch an ihre Kunden weitergeben. Das ist schlicht falsch, das bestätigt mir jeder Unternehmer, mit dem ich spreche. Realismus würde der IG Metall in diesem Punkt guttun.“

Die M+E-Industrie im Mittleren Ruhrgebiet ist vor allem mittelständisch geprägt. „Unsere Mitglieder haben im Schnitt rund 120 Mitarbeiter.  Und die wirtschaftliche Lage der Unternehmen ist sehr unterschiedlich. Einigen wenigen geht es sehr gut, sehr viele haben unter den aktuellen Krisen zu leiden“, weiß Erlhöfer. Auch die verschiedenen Branchen innerhalb der M+E-Industrie hätten sich zum Teil deutlich unterschiedlich entwickelt: Teile der Elektroindustrie profitierten zwar von der Energie- und Klimawende sowie der Digitalisierung und Automatisierung. Gerade dort fehlten aber vielerorts Fachkräfte, um die Aufträge abzuarbeiten. „Die Automobilindustrie produziert dagegen ein Drittel weniger Autos als 2018. Die Existenz vieler Zulieferer hängt nach wie vor am Verbrenner, dessen Marktanteil aufgrund politischer Entscheidungen zunehmend schrumpfen wird. Gerade diese Unternehmen haben einen hohen Investitionsbedarf zur Finanzierung der Transformation in neue Geschäftsmodelle“, führt Erlhöfer fort. Die Lage der Hersteller von Metallerzeugnissen, wie Schmiede- oder Stanzteilen, sowie der Maschinenbauer hänge wiederum davon ab, in welche Branchen geliefert wird. „Dieses massive Auseinanderdriften der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen muss in der laufenden Tarifrunde zwingend berücksichtigt werden. Es scheint noch immer so, dass der IG Metall der Wille dazu fehlt“, so Erlhöfer abschließend.